Anton Heinz (r.) gegen Henning Matriciani – in der ersten Hälfte trumpfte der Lippstädter groß auf. Umgekehrte Vorzeichen dann im zweiten Durchgang. In der 78. Minute zog der SVer gegen die Schalker Nummer 20 die Notbremse und sah dafür Rot.
Anton Heinz (r.) gegen Henning Matriciani – in der ersten Hälfte trumpfte der Lippstädter groß auf. Umgekehrte Vorzeichen dann im zweiten Durchgang. In der 78. Minute zog der SVer gegen die Schalker Nummer 20 die Notbremse und sah dafür Rot.

Sieben-Minuten-Albtraum auf Schalke

Es gibt Dinge im Fußball, die gibt’s nicht – und trotzdem passieren sie. Nach der wohl besten ersten Halbzeit der Saison und einer 2:0-Pausenführung wurde der SV Lippstadt von der U23 des FC Schalke 04 innerhalb von sieben Minuten in den Boden des Parkstadions gestampft. Klack, klack, klack, klack. Plötzlich stand es 2:4. Ein schwarz-roter Albtraum bei Köningsblau. Apropos Rot, Anton Heinz flog nach einer Notbremse gegen den Ex-SVer Henning Matriciani auch noch vom Platz. Am bitteren Ende hieß es gar 6:2 für die Gastgeber.

Regionalliga West

FC Schalke 04 U23 - SV Lippstadt 6:2 (0:2)


Was nach dem Wechsel mit den Lippstädtern passierte, war ein brutaler Keulenschlag – nicht nachvollziehbar und erst recht nicht erklärbar. Die wenigen offiziellen SV-Beobachter rieben sich entsetzt die Augen. So etwas hatten sie noch nie gesehen. Nach 54 Minuten stand es 2:0 für die bis dahin richtig stark aufspielenden Schwarz-Roten und nach 61 Minuten 2:4. Vier Gegentore innerhalb von 420 Sekunden, jeder Schalker Schuss ein Treffer. Ein Zerfall des SV Lippstadt, der seinesgleichen sucht.

„Mir fehlen die Worte“, stammelte Torhüter Christopher Balkenhoff nach dem Abpfiff. Minutenlang hatte der Kapitän mit versteinerter Miene regungslos am Pfosten gekauert und konnte es nicht begreifen. Wahrscheinlich liefen die Szenen noch einmal wie in einem Horrorfilm vor seinem geistigen Auge ab. „Die erste Halbzeit war sehr ordentlich. Wir hatten Selbstvertrauen und gute Abschlüsse“, rang sich der 27-jährige Keeper dann doch ab, „wir wussten, dass Schalke richtig Druck machen würde und wollten einen schnellen Anschlusstreffer unbedingt verhindern. Nach dem 1:2 sind wir dann regelrecht eingebrochen.“ Eine Erklärung hatte die Nummer 1 des SV Lippstadt dafür nicht.

Es wird interessant sein, wie die Schwarz-Roten dieses 2:6-Debakel, gleichzeitig die erste Auswärtsniederlage in dieser Saison, wegstecken. Fangen sich Balkenhoff und Co. wieder bis zum nächsten Spiel am Samstag zu Hause gegen den Meister SV Rödinghausen oder gibt es einen kräftigen Knacks?

Fragen, die nach 45 Minuten niemand gestellt hätte. In der ersten Halbzeit spielte der SV Lippstadt, mit Kai-Bastian Evers anstelle des gesperrten Abwehrchefs Janik Steringer in der Innenverteidigung, wie aus einem Guss. Selten hatte das Team in der jüngeren Vergangenheit so viele Offensivaktionen in einem Regionalliga-Match.

Simon Schubert brachte die Gäste mit seinem zweiten Saisontor mit 1:0 (8.) in Führung. Sein 15-Meter-Schuss im Anschluss an eine Ecke wurde noch leicht abgefälscht. Beim 2:0 (29.) setzte sich Anton Heinz im Zweikampf gegen den Ex-SVer Matriciani durch. Die scharfe Hereingabe drückte Gerrit Kaiser mit der Fußspitze über die Torlinie. Der in der ersten Hälfte sehr auffällige Heinz traf mit einem 30-Meter-Freistoß noch die Latte, und Valentin Henneke vergab nach einem Einwurf von Heiserholt eine Top-Chance aus 13 Metern.

Mit etwas Glück wären die Schwarz-Roten sogar mit einem größeren Vorsprung in die Kabine gegangen. Allerdings hatten auch die Köngsblauen drei, vier richtig gute Möglichkeiten. Vor allem der quirlige Weschenfelder-Scienza war von der Lippstädter Abwehr kaum zu kontrollieren.

Es war kein Zufall, dass Schalkes 12er mit einem platzierten Flachschuss das 1:2 (54.) erzielte – der Anfang vom katastrophalen Ende für den SV, der jetzt völlig auseinander fiel. Selbst 24 Stunden danach erscheint es noch immer unbegreiflich.

Die Chronologie: 57. Minute: Ceka markierte das 2:2, nachdem sich Balkenhoff und seine Abwehr nicht einig waren. 59. Minute: 3:2, wieder Ceka, nachdem Evers den Ball im Lippstädter Spielaufbau verloren hatte. 61. Minute: 4:2, ein Doppelpass genügte, um die gesamte Gästeabwehr auszuhebeln. Candan schob lässig ein. 82. Minute: Wieder ging es für den SV Lippstadt viel zu schnell. Weschenfelder-Scienza bedankte sich mit dem 5:2. 89. Minute: Der kurz zuvor eingewechselte Berisha durfte auch mal ran und besorgte mühelos den 6:2-Endstand.

Letzter Negativ-Höhepunkt für den SV, der sich seinem Schicksal völlig wehrlos ergab: Anton Heinz zog gegen den durchgebrochenen Henning Matriciani die Notbremse und sah für diese Aktion die Rote Karte (78.).