Kollektiv-Frustration beim SV Lippstadt nach sechstem Remis der Saison

Und täglich grüßt das Murmeltier: Der SV Lippstadt ist in einem zwar hart umkämpften, aber fußballerisch eher mäßigen Derby bei RW Ahlen nicht über ein 1:1 hinausgekommen. Es war das sechste Unentschieden im neunten Spiel. Kein anderes Team in der Regionalliga West hat öfter Remis gespielt. „Wir können diese Unentschieden nicht mehr sehen“, kommentierte SV-Coach Felix Bechtold geknickt.

Regionalliga West
RW Ahlen - SV Lippstadt 1:1 (0:0)

Frustration herrschte nicht nur auf der Trainerbank. Auch auf dem Spielfeld brach sich so mancher Wutanfall Bahn. Als der eingewechselte Stürmer Zoltan Pataki im Vorwärtsgang den Ball kurz vor Schluss leichtfertig vertändelte, wies ihn Jan-Lukas Liehr lautstark zurecht. Bedingt durch die überschaubare Kulisse von 100 zugelassenen Zuschauern im Wersestadion, war jedes Wort deutlich zu hören: „Das ist unterirdisch!“, herrschte der Mittelfeldmann seinen Offensivkollegen mit hochrotem Kopf an. Eine Szene mit Symbolcharakter. Der Stachel, eine verdiente 1:0-Führung vermutlich wieder nicht ins Ziel zu bringen, saß offenbar tief.

Und er tut es noch, wie Cheftrainer Felix Bechtold am Sonntag zugab: „Natürlich ärgern wir uns. Emotionen auf dem Platz gehören im Männerfußball dazu, da kann es schon mal passieren, dass ein Spieler überreagiert.“

Ein Erfolg beim Nachbarn und Abstiegskampfkonkurrenten aus Ahlen wäre für die Schwarz-Roten möglich gewesen. Zwar hatten die Gastgeber, bei denen mit Yasin Altun, Arda Nebi und Paolo Maiella (wurde in der 58. Minute eingewechselt) gleich drei Ex-Lippstädter im Kader waren, die erste dicke Chance der Partie. Doch Balkenhoff entschärfte die 1:1-Situation gegen Nebi in Manuel-Neuer-Manier. Der SV-Keeper machte sich ganz groß und reagierte bei Nebis Schuss mit der rechten Hand blitzschnell (18.).

Auf der anderen Seite verzeichneten auch die Gäste eine gute Gelegenheit, doch Kaisers platzierten Freistoß aus 17 Metern lenkte RW-Torwart Schipmann akrobatisch zur Ecke (24.).

Der zweite Durchgang begann ganz nach dem Geschmack der Lippstädter. Bechtold ließ die Ahlener jetzt hoch anlaufen – im Gegensatz zur taktischen Einstellung in den ersten 45 Minuten. Und der Mut wurde sofort belohnt. Außenverteidiger Cinar Sansar eroberte den Ball im Mittelfeld, zog nach innen und legte die Kugel genau in den Lauf von Gerrit Kaiser. Der Torjäger machte seinen Job und schob souverän zur 1:0-Führung ein (50.).

„Danach hätte ich mir gewünscht, dass wir weiter Druck machen. Der Gegner hatte eine schlechte Phase, das hätten wir ausnutzen sollen“, analysierte Felix Bechtold nach der Partie. Doch seine Mannschaft kam diesem Wunsch nicht nach. Obwohl die nun stark verunsicherten Gastgeber teilweise Pässe ohne Gegnerdruck ins Seitenaus spielten, schlug der SV daraus kein Kapital.

Stattdessen ließ er die Ahlener zurück ins Spiel kommen. Einen 20-Meter-Schuss von Mike Phil konnte Balkenhoff noch wegfausten (64.), doch ein wahrer Eckball-Marathon führte wenige Minuten später zum nun verdienten Ausgleich für die Hausherren. Nach der fünften (!) Ecke in Folge bekamen die Lippstädter den Ball nicht weg und Eickhoff staubte per Kopf zum 1:1 ab (70.).

Anschließend ergaben sich für beide Teams noch Chancen auf den Siegtreffer. Die größte Ahlener Gelegenheit hatte Phil, der Schubert im Strafraum schwindelig dribbelte, den Ball dann aber, anstatt direkt zu schießen, noch einmal quer legte – allerdings in den Rücken des herangestürmten Maiella (86.). Für die Bechtold-Elf hätte Anton Heinz per Freistoß noch treffen können, doch auch hier war der Keeper auf dem Posten (78.).

Als nach 90 Minuten der Schlusspfiff ertönte, suchte Sansar direkt die nächste Bande, um mit voller Wucht dagegenzutreten. Die Frustration machte sich bei allen SVern breit. „Das sind vielleicht Punkte, die uns am Ende fehlen“, warnte Bechtold, dessen Fokus jedoch schnell auf dem nächsten Kellerduell gegen den FC Wegberg-Beeck am nächsten Samstag lag. Der erste Heimsieg der Saison wäre schließlich Balsam für die geschundenen Seelen der frustrierten Remiskönige.

 

++++ Regionalliga West ++++

RW Ahlen - SV Lippstadt 1:1 (0:0) 

RW Ahlen: Schipmann – Kacinoglu (77. Aboagye), Eickhoff, El-Bouazzati, Wiesweg, Nebi (55. Mai), Pihl, Altun, Holldack, Lucas (81. Schmitz), Steinfeldt (58. Maiella) 

SV Lippstadt: Balkenhoff – Heiserholt, Schubert, Sansar, Kaiser, Liehr, Evers, Arenz (90. Schneider), Karimani (75. Henneke), Heinz, Zottl (72. Pataki) 

Tore: 0:1 Kaiser (50.), 1:1 Eickhoff (70.) Gelbe Karten: El-Bouazzati, Holldack, Altun, Eickhoff – Arenz, Kaiser 

Zuschauer: 100 

Schiedsrichter: Fasihullah Habibi (Duisburg)

      

++++ Trainerstimmen ++++

Björn Mehnert (RW Ahlen):

„Wir hatten mehr Spielanteile und haben versucht, Lippstadt in der gegnerischen Hälfte zu Fehlern zu zwingen. Das ist uns auch ganz gut gelungen. Wir müssen uns dann aber für den Riesenaufwand, den wir betreiben, auch belohnen. Der Wille ist groß. Die Jungs werfen sich in die Zweikämpfe und kämpfen sich wieder zurück – aber der Gegner hat uns auch zurückkommen lassen. Gegen eine andere Mannschaft klappt das nicht unbedingt.“ 

Felix Bechtold (SV Lippstadt): „Natürlich ärgern wir uns, denn wir haben mal wieder nur unentschieden gespielt. Ich hätte große Lust, mit den Jungs mal wieder einen Sieg einzufahren, aber dafür fehlen immer noch Kleinigkeiten. Gerade in der zweiten Halbzeit haben wir direkt gut gepresst und sind völlig verdient in Führung gegangen. Danach war der Gegner nicht in seiner besten Phase und hat einige Pässe ohne Druck ins Aus gespielt. Aber das hat meine Mannschaft nicht ausgenutzt. Anstatt auf das zweite Tor zu spielen, haben wir Ahlen auf völlig unerklärliche Weise zurück ins Spiel kommen lassen. Der Ausgleichstreffer nach einer Ecke war dann zwar unglücklich, aber wir sind auch nach hinten raus nicht mehr in die Stellung gekommen, das Spiel zu unseren Gunsten zu entscheiden.“