Die Oberliga-Meistermannschaft des SV Lippstadt mit ihren wieder einmal tollen Fans im Hintergrund. Mittendrin der Meistertrainer Daniel Berlinski, und auch der Präsident ließ sich nicht lumpen. In biernassen Klamotten schrie Thilo Altmann (vorn l.) seine
Die Oberliga-Meistermannschaft des SV Lippstadt mit ihren wieder einmal tollen Fans im Hintergrund. Mittendrin der Meistertrainer Daniel Berlinski, und auch der Präsident ließ sich nicht lumpen. In biernassen Klamotten schrie Thilo Altmann (vorn l.) seine

Meister SV Lippstadt grüßt als Regionalligist

Der absolute Wahnsinn hat einen Namen?- SV Lippstadt!

Die Schwarz-Roten haben nach 2013 zum zweiten Mal in ihrer Vereinsgeschichte den Aufstieg in die Regionalliga geschafft und sich „ganz nebenbei" auch die Meisterschaft gesichert. Ein wichtiger Titel, der viel Geld wert sein könnte, wenn den Bruchbaum-Kickern am Donnerstag im Entscheidungsspiel gegen den SV Rödinghausen der Einzug in die Hauptrunde des DFB-Pokals gelingt.

Doch das interessierte Spieler, Trainer, Betreuer und Fans gestern kurz vor 17 Uhr nicht so sehr: Sie feierten den unfassbaren Erfolg, als gäbe es kein morgen mehr. Mittendrin Paolo Maiella, der den SV mit seinem goldenen Tor in der siebten Minute zum Sieg und damit in die Regionalliga schoss. „Grazie, Paolo", bedankten sich fast 2000 überglückliche Lippstädter beim kleinen italienischen Wirbelwind.?

Oberliga Westfalen
SV Lippstadt - Sportfreunde Siegen 1:0 (1:0)

Was für ein Bild ausgelassener Freude! 25 junge Männer tanzten in ihren roten Aufstiegs-Shirts ungeniert auf dem Rasen, als hätten sie gerade sechs Richtige im Lotte gehabt oder ein Einser-Abitur hingelegt. Sven Köhler, der geniale Mittelfeld-Regisseur hatte sich sein gelbes Glückstrikot um die Stirn gebunden, reckte ein riesiges Glas Bier in den mittlerweile verhangenen Himmel und grölte mit den Fans: „Nie mehr Oberliga" oder „Wir fahren nie mehr nach Siegen!" Dann bekam wieder einer ne Ladung Gerstensaft über den Scheitel gegossen, während die anderen wie Rumpelstilzchen mit wild wedelnden Armschwingen durch die Gegend hüpften. Auch Meistertrainer Daniel Berlinski gönnte sich in diesem Moment eines außergewöhnlichen Erfolges einen großen Schluck. Der 32-Jährige kam, sah und siegte?-?und steigt jetzt als Meister mit dem SV Lippstadt in die Regionalliga auf. Es klingt wie ein Märchen, ist aber keins. Sondern wunderbare Realität. Ab Ende Juli spielen die Berlinski-Buben in der 4. Liga gegen RW Essen, Alemannia Aachen, RW Oberhausen, Borussia Dortmund oder Borussia Mönchengladbach. Das muss man sich erstmal auf der Zunge zergehen lassen. Die Stimmung gestern im Stadion am Bruchbaum war absolut meisterlich. Mit einer aufwendigen Choreografie begrüßten die Fans im Lippstadt-Block ihre Kicker und unterstützten sie über die gesamten 90 Minuten in voller Lautstärke.

Der SV erwischte einen Traumstart in sein zweites Endspiel. Schon nach wenigen Sekunden hatte Gerrit Kaiser den Siegener Torhüter Thies umkurvt, traf mit seinem Schuss aber nur das Außennetz. In der 7. Minute hieß es dann 1:0. Nils Köhler passte auf Paolo Maiella, der flach einschob. Was in diesem Moment noch niemand wusste: Es war der Schuss in die Regionalliga. Und weil der 1. FC Kaan-Marienborn in Hamm nicht über ein 0:0 hinauskam, war es sogar das Tor zum Titel!

Nach diesem 1:0 gingen die Gastgeber etwas kontrollierter zu Werke. Fabian Lübbers erzielte noch ein Abseitstor und nach einem Kopfball von Tobias Puhl bejubelten die Zuschauer auf der Tribüne bereits das 2:0. Doch der Ball ging ans Außennetz.

Ein, zwei brenzlige Situationen hatte der SV in der zweiten Halbzeit auch noch zu überstehen. In der 87. Minute stockte allen Lippstädter Fans regelrecht der Atem, doch Keeper Christopher Balkenhoff boxte ein Geschoss von Volk mit einer Klasse-Parade aus dem Winkel. Kurz danach war Schluss?-?und die große Party konnte beginnen.

„So ein Tag, so wunderschön wie heute." Das muss man ausnutzen. Schließlich steigt man nicht alle Tage in die Regionalliga auf. Klar, dass sich die Meister-Fußballer gestern auch abseits des Rasens als aufgeweckte Kerlchen erwiesen?-?die Nacht wurde zum Tag gemacht. Nach der ersten Einheit unter Chef-Animateur Dominik Westerfeld direkt nach dem Schlusspfiff ging es noch ein paar Stunden am Bruchbaum weiter. Danach zog der ganze Tross weiter in eine Cocktail-Bar nach Bad Waldliesborn. Es ist natürlich nur ein Gerücht, dass ein paar von ihnen dort noch immer auf den Tischen tanzen. Meister-Trainer Daniel Berlinski hat's ja vorgegeben: Jetzt wird erstmal zwei Tage gefeiert!

SV Lippstadt: Balkenhoff - Kaldewey, Langesberg, Lübbers, N. Köhler, S. Köhler, M. Hoffmeier (90. Joswig), Kaiser, Puhl, Maiella, Klingen (89. Bechtold)

SF Siegen: Thies - Geller (73. Dreisbach), Filipzik, Sato, Jost (60. Volk), Kaminishi, Endo, Zmitko (69. Horie), Wolf, Yildirim, Dodic

Tor: 1:0 (7.) Maiella
Gelbe Karten: Kaiser - Filipzik
Zuschauer: 1920
Schiedsrichter: Schütter (Werl)

Quelle: DER PATRIOT, 26.05.2018